Littlepharao Reisen
Die andere Art und Weise des Reisens!

Entdecken Sie ihr Urlaubsland auf vielseitige Weise – mit unserer Mischung aus Kultur, Trekking, Wüstentouren, Kamelsafaries und Badeurlaub. Wir schnüren Ihnen Ihr ganz persönliches, auf Ihre Interessen abgestimmtes Urlaubspaket. Lassen Sie sich überraschen.

 Erfahren Sie mehr »

Die Seele von Ramadan

Der Vater kommt aus der Arbeit zurück und ist sehr müde von dem langen Arbeitstag. Die Mutter fragt, ob es ihm gut geht, und anschließend kommt die wichtige Frage: „Habt ihr heute das Monatsgehalt bekommen oder nicht?“ Der Vater sagt: “Ja, wir haben es bekommen.“ Und die Mutter fragt noch mal: „Und, habt ihr etwas extra für Ramadan bekommen?“ Der Vater: „Ja, Gott sei Dank! Sie haben uns eine Hälfte des Gehalts extra  gegeben. Meine Kollegen und ich haben lange darauf gewartet, und ich habe mich sehr gefreut, als ich heute das Geld bekommen habe.“

Mutter: „Dann können wir heute einkaufen gehen extra für Ramadan. Die Kinder werden sich sehr freuen.“

Im Ramadan wird jeden Tag von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang gefastet. Das ist sicherlich eine sehr lange Zeit, dieses Jahr sind es um die 12 bis 13 Stunden Fasten ohne Essen und Trinken und so ist es selbstverständlich, dass man immer ein sehr gutes Essen für den Sonnenuntergang vorbereitet und dafür muss vorher natürlich gut eingekauft werden. Die ganze Familie geht in dieser besonderen Zeit gemeinsam zum Einkaufen und es sind überall extra große Zelte für diesen Verkauf aufgebaut, mit ganz vielen bunten Farben und extra Beleuchtung. Die Häuser sind ebenfalls geschmückt mit Lampen und Laternen, und die Kinder bekommen spezielle kleine Laternen, mit denen sie auf der Straße spielen können während sie Ramadan Lieder singen. Die Minarette der Moscheen sind bunt beleuchtet, und auch das ist ein Zeichen für Ramadan, denn sonst sind sie grün.

Die Familie ist an einem der Zelte angekommen, und es wird erst mal geschaut, was es da alles im Angebot hat und noch wichtiger was man denn alles kaufen will. Für Ramadan werden besonders gern Nüsse gekauft in den unterschiedlichsten Sorten. Aber auch Datteln, getrocknete Aprikosen, Rosinen, Aprikosensaft, Malventee, Süßholzsaft, all dies gehört zum Ramadan. Was macht man mit all diesen Sachen und warum speziell im Ramadan?

Wenn die Sonne untergeht, darf man mit dem Essen beginnen. Am Anfang bekommt man ein oder zwei Datteln und bevor man sie isst, kann man sich alles vom lieben Gott wünschen, was einem in den Sinn kommt. Der Prophet Mohamed hat gesagt, zu dieser Zeit des Fastenbrechens, kann jeder von Gott alles wünschen, was er haben will. Deswegen kann man häufig beobachten, dass manche Leute, bevor sie essen, leise einige Wörter murmeln, die man nicht verstehen kann. Meistens wird sich etwas für die Kranken gewünscht oder für die Kinder, einfach jeder wie er will. Nach den Datteln isst man dann eine heiße Suppe, das ist sehr gut für den Magen. Am besten macht man danach das Sonnenuntergangs Gebet, dann hat der Magen Zeit aufzuwachen und anschließend kehrt man zurück an den Esstisch. Es gibt viele verschiedene Gerichte auf dem Tisch und viele essen, als ob es das letzte Essen im Leben sei. Das ist eigentlich total falsch, denn unser Prophet hat uns das auch nie gesagt und es selbst auch nie getan. Der Prophet hat immer gesagt, wir essen nur, wenn wir Hunger haben und wenn wir essen dann dürfen wir nicht satt werden. Er hat auch gesagt, dass wenn wir essen, dann sollte ein Drittel des Magens für das Essen, ein Drittel für das Wasser und ein Drittel zum Atmen sein. Das bedeutet, was heute gemacht wird mit dem vielen Essen auf einmal, sodass man sich kaum noch bewegen kann, ist falsch und entspricht auch nicht dem Glauben. Es gibt Menschen, die den ganzen Tag nichts tun, außer ans Essen und Trinken zu denken, das ist sehr schade, weil es mit dem richtigen Sinn des Fastens nichts zu tun hat.

Als Kinder haben wir immer gefragt, was für einen Sinn hat dieser Fastenmonat in unserem Glauben. Wir haben immer die einfache Antwort bekommen: Man fastet, damit man spüren kann, wie es den Armen geht, die nichts zum Essen und Trinken haben. Das ist auch ein Teil des Sinns, aber es ist nicht der wahre Sinn. Wir haben manchmal geantwortet, dann brauchen die Armen nicht fasten, weil sie diese Erfahrung schon gemacht haben. Der wahre Sinn des Fastens ist ein ganz anderer! Und diesen Sinn und Zweck kann man vor allem dann spüren, wenn man selber mitmacht. Ich sage immer, Ramadan ist in erster Linie eine Chance, sich einmal im Jahr innerlich zu reinigen. Es geht hier um die Seele. Man muss diesen Monat mit der Seele leben und nicht nur mit dem Magen. Wenn man nichts isst und trinkt für lange Zeit, dann fühlt man sich sehr schwach. Und immer wenn man schwach ist, kreisen die Gedanken nicht mehr um das heutige Leben sondern um den Sinn des Lebens. In diesem Monat denkt man, was habe ich im letzten Jahr gemacht; habe ich Menschen verletzt, habe ich meine große Familie gut behandelt, habe ich sie oft genug besucht, habe ich sie oft genug angerufen? Natürlich stellen viele fest, dass sie nichts davon gemacht haben und dann ist Ramadan eine sehr gute Zeit für die Familie zusammen zukommen. Es wird gemeinsam gegessen oder es wird sich gegenseitig nach dem Essen besucht. Das ist die Seele von Ramadan, dass man die Sachen tut, die man das ganze Jahr lang nicht getan hat. Es geht vor allem um menschliche Beziehungen. Im Islam ist die Familie, die häufig groß ist, sehr wichtig, und die Jungen sollten die Älteren besuchen oder zumindest anrufen, heute machen die Junge Leute das oft mit einer SMS (schade!).

Der offizielle Gruß im Ramadan ist „ein großzügiger Ramadan“; darunter verstehen wir, dass man im Ramadan sehr großzügig sein soll. Diese Großzügigkeit ist auf verschiedene Art und Weise zu verstehen. Viele Menschen spenden im Ramadan für die Armen. Es wird an die armen Familien verteilt oder an die Moscheen und die verteilen es weiter an andere hilfsbedürftige Menschen. Es sollte aber nicht den Bettlern auf der Straße gegeben werden, weil die meisten von denen heute „Profis“ sind. Man gibt auch gerne in der eigenen Familie, es wird geschaut wer in der großen Familie Geld braucht und man gibt ihm dann etwas um zu helfen. Viele reiche Leute bauen jeden Tag vor ihrem Laden oder ihrem Haus einen großen Tisch auf, an dem jeden Tag zum Sonnenuntergang Essen und Trinken serviert wird. Alle Menschen, die dann vorbeikommen und es nicht rechtzeitig zum Sonnenuntergang nach Hause schaffen, dürfen sich hinsetzen und essen und trinken. Wenn sie satt sind gehen sie weiter. Das ist alles kostenlos. Ramadan ist großzügig, in der menschlichen Beziehung und vor allem in der Familie und unter Freunden. Die Menschen, mit denen man lange Zeit nicht gesprochen hat, Menschen, mit denen man Ärger hat, all diese muss man im Ramadan anrufen und fragen, wie es ihnen geht und es ist wünschenswert, die alten Probleme zu lösen. Das ist die Seele von Ramadan.

Ramadan ist auch großzügig im Glauben, es wird im Ramadan gerne und viel gebetet, am Abend gibt es ein extra Gebet, dass bis zu einer Stunde geht. Man fühlt sich im Ramadan Gott sehr nah und versucht immer wieder näher an Gott zu kommen. Das geschieht durch das Gebet, mit jeder Spende, mit den guten Taten gegenüber anderen Menschen, mit dem Essen und Trinken jeden Tag für die Armen, mit dem Lesen im heiligen Buch, dem Koran. Das ist die Seele von Ramadan. Viele denken falsch und meinen, dass Ramadan ein sehr schwieriger Monat für die Menschen ist. Für uns ist Ramadan, aber ein großes Fest und wir freuen uns sehr auf diesen Monat. Wer einmal in einem islamischen Land zu dieser Zeit war, kann dies sehr gut verstehen. Im Glauben gibt es auch viele Ausnahmen, (schwangere Frauen, stillende Frauen, ältere Leute, kleine Kinder , schwierige Berufe, kranke Leute u.v.m. sind vom Fasten ausgenommen), das bedeutet man fastet nur, wenn man es körperlich auch wirklich schaffen kann und falls man nicht fasten kann aus welchem Grund auch immer dann ist das kein Problem: man muss dafür einfach einem Armen zum Fastenbrechen Essen und Trinken bezahlen.

Das Schönste an diesem Monat ist die Tatsache, dass die Familie jeden Tag gemeinsam isst. Deswegen findet täglich vor dem Sonnenuntergang ein Rennen durch die Straßen statt, weil es jeder schaffen will, rechtzeitig zu Hause zu sein um mit der Familie zu essen. In der großen Familie wird fast jeden Tag bei einem anderen Mitglied gegessen und alle helfen, indem jeder etwas mitbringt oder früher kommt und in der Küche mithilft. Die Kinder spielen zusammen und überall werden Ramadan Lieder gesungen, im Fernsehen und im Radio. Dies ist die Seele von Ramadan.

Die Freude in der islamischen Welt ist sehr groß in diesem Monat, das möchte ich mit dieser Geschichte deutlich machen. Man merkt dies auch an der Kriminalitätsrate, die im  Ramadan fast null ist. Jeder versucht einmal im Jahr sich zu verbessern und Gott zu nähern. Der Prophet hat einmal gesagt: „wäre es möglich zu wissen wie schön dieser Monat ist, dann hätten sie sich gewünscht, dass das ganze Jahr Ramadan wäre.“ Der Prophet hat auch gesagt: „Jeder Moslem hat jeden Tag zwei große Freuden. Erstens, wenn er essen und trinken darf, zweitens wenn er Gott trifft. So ist Ramadan täglich ein großes Fest.“

Ziad Anwar

Seite drucken