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Das Frühstück am Freitag

Am frühen Morgen erklingt der Ruf für das Morgendämmerungsgebet aus allen Ecken der Stadt. Es beginnt immer ganz leise und durch die verschiedenen Moscheen wird der Ruf immer lauter. Alle Menschen sind im tiefen Schlaf. Der Vater hört den Ruf und überlegt sich, soll ich oder soll ich nicht? Die ganze Familie schläft noch. Es ist kalt, wir sind im Winter. Alle haben sich unter der warmen Decke versteckt. Der Ruf geht weiter und da ertönen die Worte „Beten ist besser als Schlafen“. Das Gewissen des Vaters wird immer schlechter. Er entscheidet sich aufzustehen und das Gebet zu verrichten. Als er wach ist stellt er fest, heute ist Freitag. Der Ruhetag. „Das ist sehr schön. Ich kann dann nachher weiter schlafen“, überlegt er zufrieden. Er geht ins Bad macht sich fertig für das Gebet. Die Frau schläft und die Kinder auch. Er breitet seinen Teppich auf dem Boden aus und betet. Das Schönste an dem Morgengebet ist die Ruhe. Es ist alles ruhig. Man fühlt sich in direkter Verbindung mit Allah. Das ist sehr schön. Dieses Gebet soll das kürzeste Gebet vom ganzen Tag sein, aber vor lauter Ruhe spürt man die Zeit nicht. Nach dem Gebet setzt er sich auf den Teppich und liest im Koran. Bei den Muslimen ist es eine Sitte am Freitag etwas aus dem Koran zu lesen. Der Freitag ist ein heiliger Tag im Islam. An diesem Tag sind fünf große Ereignisse im Islam geschehen:  Adam ist geschaffen worden. Adam ist aus dem Paradies vertrieben worden und auf der Erde gelandet. Am Freitag ist der Prophet Mohamed in den Himmel gefahren (Himmelsfahrt). Es gibt eine Stunde an diesem Tag, wenn man sich in ihr etwas von Allah wünscht, wird es wahr. An diesem Tag wird die Welt eines Tages ihr Ende finden und die Menschen werden Allah gegenüberstehen. Diese fünf Elemente erklären die große Bedeutung, die der Freitag für alle Muslime auf der ganzen Welt hat.

Der Vater versucht nach seinem Gebet wieder ins Bett zu gehen, aber er kann es nicht mehr. Er ist jetzt richtig wach geworden. Er geht in die Küche, kocht sich ein schönes Glas Tee. Die Ägypter trinken gerne Tee, fast zu jeder Tageszeit. Die Tageszeitung hängt an der Tür. Er holt die Zeitung und blättert in ihr und genießt den warmen Tee. Das ist nicht immer schön, was in der Zeitung steht. Es gehört aber dazu bei fast allen gebildeten Ägyptern die Zeitung am frühen Morgen zu lesen. Die Selbstständigen und die freien Mitarbeiter machen das zu Hause. Die Beamten machen das gerne im Büro bei der Arbeit und während des Frühstücks. Das kann auch ein Grund sein eine Pause zu machen. Wenn Jemand fragt, wo ist er oder wo ist sie, dann heißt es sie sind beim Frühstück. An der ersten Stelle werden die Regierungszeitungen gelesen aber heute werden immer mehr die Zeitungen der anderen Parteien gelesen. Inzwischen gibt es in Ägypten einige Zeitungen, die nicht von einer Partei abhängig sind. Sie schreiben sehr vernünftig über alles, und das ist sehr gut. Sie sind inzwischen stabil und weit verbreitet. Der Vater bleibt lieber bei der normalen Regierungszeitung, da sieht das Leben schöner aus, und die Hoffnung ist immer groß und das ist, was ein Vater für seine Familie braucht.

Er ist fertig mit der Zeitung und überlegt sich nun, was kann ich Besonderes heute für die Familie zum Frühstück machen. Normalerweise ist das die Verantwortung der Mutter und sie macht es jeden Tag sehr gut, aber er will es heute am freien Tag selber machen. Er zieht sich seinen Mantel an und geht raus. Es ist hell geworden, aber die Straßen sind ganz ruhig und leer. Es ist Freitag, sie schlafen alle noch. Er nimmt einen kleinen Topf mit und geht zu dem wichtigsten Mann fürs Frühstück am Freitag. Es ist der Verkäufer für die gekochten Bohnen und die sogenannten Felafel. Die Bohnen werden fast die ganze Nacht in einem großen Topf auf ruhiges Feuer gestellt und werden sehr langsam gekocht, dann sind sie nicht so hart sondern ganz weich. Je ruhiger das Feuer ist desto besser der Geschmack. Die Felafel das ist eine Mischung von Bohnen und Gemüse, die zusammengepresst werden bis sie eine grüne Paste ergeben. Sie wird dann in kleine Bällchen geformt und im Öl gebraten. Der Verkäufer für die Felafel und Foul (Bohnen) kommt jeden morgen früh mit seinem Eselkarren und bringt das frische Frühstück mit. Manche essen gerne am Karren selber. Da hat er extra kleine Teller und dazukommt das frische Fladenbrot und die Zwiebeln. Die Bohnen werden auf dem Teller dann mit allen möglichen Gewürzen gemischt (Salz, Pfeffer, Sesamsauce, Öl, etwas Scharfes darf auch dazu). Der Verkäufer steht immer an seinem Karren in der Mitte, und um den Karren rum sind viele Menschen, die die Bohnen kaufen wollen. Die anderen sitzen dann abseits um essen zu können. Sein Esel steht befreit von dem Karren an der Seite und hat was zum Fressen, und diese Szenen kann man jeden Tag an der Straßenecke beobachten.

Der Vater kauft das Frühstück und geht zurück nach Hause. Jeden Tag wird normalerweise Brot und Käse gefrühstückt. Schafskäse und Brot gehören immer auf jeden Tisch und auch die Marmelade, die meistens zu Hause gemacht wird. Tee (schwarzer Tee) oder Tee mit Milch und viel Zucker wird gerne zum Frühstück getrunken. Das Fladenbrot wird alle zwei Tage gekauft und es kann im Kühlschrank aufbewahrt werden und dann einfach auf dem Herd in ein paar Sekunden warm und zum Essen bereit gemacht werden. Der Vater will heute ein besonders frisches Frühstück für die Familie vorbereiten. Er hat alles auf den Tisch gestellt, das Wasser für den Tee gekocht und nun muss er nur noch die ganze Familie wecken.

Der Vater geht durch die Wohnung und versucht viel Lärm zu machen, um die ganze Familie wecken zu können. Der Vater hat das Sagen zu Hause (zumindest ist er davon überzeugt) und wenn nicht muss die Familie so leben als ob es so wäre. Endlich geht er in die Zimmer und weckt die Frau und die drei Kinder. In den ägyptischen Familien, die in der Stadt Kairo leben, liegt die durchschnittliche Zahl der Kinder zwischen 2 und 3. Auf dem Lande ist die Zahl höher und liegt bei 5 oder 6. Der Vater geht zuerst zu den Jungen ins Zimmer und weckt sie und als letztes geht er zur Tochter. Sie ist die Königin des Hauses und das stört niemanden. Die Brüder wissen sogar, dass sie auf ihre Schwester aufpassen müssen. Die Mutter steht auf und ist positiv überrascht: das ganze Essen für das Frühstück ist da! Der Vater lächelt so ganz leicht. Er ist ganz stolz darauf und geht so wie ein Hahn mit hoch erhobenem Kopf und Kamm. Nachdem jeder das Morgengebet verrichtet hat, sitzen nun alle am Tisch. Die warmen leckeren Bohnen stehen in der Mitte des Tisches, sodass jeder einfach mit zugreifen kann. In einem anderen Teller liegen die Felafel, daneben sind verschiedene Sorten von Käse angerichtet. Das frische Fladenbrot und Gläser mit Tee und Milchtee, Tomaten, Gurken und Zwiebeln stehen ebenfalls bereit. Der Vater fragt ganz stolz: „Und wie schmeckt es?“ Das Salz war zu viel in den Bohnen, da lachen die Kinder und sagen es ist wunderbar. Die Mutter schaut sich alles ganz kritisch an und sagt: „Es ist nicht schlecht für einen Mann“. Die ägyptische Frau fühlt sich immer sehr bedroht, wenn der Mann in die Küche geht und etwas macht, besonders wenn er es gut macht. Sie sucht immer nach irgendetwas, das nicht in Ordnung ist. Das Interessante ist, dass wenn die Frauen miteinander sitzen, da sagt jede Frau zu der anderen: “Mein Mann tut gar nichts zu Hause. Ich muss alles selber machen mit der Küche, dem Essen, dem Haushalt und allem“. Das stimmt auch zum Großteil, aber manchmal gehen auch die ägyptischen Männer in die Küche und versuchen etwas Gutes zu machen. Zur Gemütlichkeit wird dann mit der Hand gegessen. Die Kinder lernen natürlich mit dem Besteck zu essen, aber bei so einem Frühstück am Freitag wird lieber mit der Hand gegessen. Ägyptischer wäre es auch, auf dem Boden zu sitzen, im Kreis, um einen kleinen Tisch herum, der „tabliea“ heißt. Das ist ein kleiner runder Tisch aus Holz, ungefähr 40 bis 50 cm hoch und ein Durchmesser von 1 Meter. Unsere Familie hier ist irgendwie ein bisschen modern geworden. Das Frühstück ist zu Ende und jeder bedankt sich bei dem lieben Vater für das frische Frühstück und nun geht jeder in sein Zimmer und bereitet sich für den Rest des Tages vor.

Ziad Anwar

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